Mittwoch, 18. Januar 2012

Life for rent.





Ich laufe die Straße entlang. Der Schnee rieselt langsam hinunter und eine Flocke bleibt auf meinem Handschuh für einen kurzen Moment als kleiner Kristall liegen. Eine ältere Dame steht auf ihrem Balkon und lächelt. Aus einer Wohnung riecht es angenehm nach kochendem Essen.
Ich komme an einem verschneiten Bolzplatz vorbei. Die Kinder haben ihre Schneeschieber mitgebracht und sind eifrig dabei, den Schnee zu räumen. Ein Mädchen wirft einen Schneeball. Der Junge, der den Ball abbekommen hat, dreht sich um und wirft ganz blitzartig zurück. Ein anderer Junge in blauer Jacke wirft auch einen Schneeball auf das Mädchen und Sekunden später sieht man die weißen Bälle fliegen.
Der Wind weht mir ins Gesicht und eine Träne sammelt sich in meinem Auge, bevor sie über die Wange kullert. So verschwommen sehen die Bälle beinahe aus wie Vögel. Vögel in der Luft. Vögel, die selbst bestimmen, wo sie wohnen wollen. Sie können einfach aus ihrer Umgebung entfliehen und wenn sie wollen, wieder zurückkommen. Ich aber bin hier festgeschnallt. Ich kann nicht weg.
Das Mädchen, das die Schneeballschlacht begonnen hat liegt nun auf dem Boden und lacht. Der Junge mit der blauen Jacke kommt auf sie zu und lässt den Schnee in ihr Gesicht rieseln. Sie strampelt mit den Füßen und auch er bricht in Gelächter aus. Andere Kinder kommen dazu und werfen sich in den Schnee.
Ich stehe eine ganze Weile da und sehe ihnen zu. Ein Fenster des Neubaus öffnet sich und ein schallender Pfiff geht über den Platz. Plötzlich ist es totenstill und die Kinder raffen sich alle auf. Sie nehmen sich ihrer Schieber und beginnen von neuem den wieder mit Schnee bedeckten Platz zu räumen. Es dauert nicht lange, da beginnen sie von neuem, sich Schneebälle anzuwerfen. Sie sehen so glücklich aus. Sie haben Spaß. Sie leben ihre Kindheit. Sie vergessen alle, dass ihre Familien arm sind. Aber sie sind reich an Freude. Das ist wichtiger. Und ich? Bin ich glücklich? Ich habe so viel. Eine Arbeit, einen Mann, ein Kind, ein Haus, Geld. Was will ich mehr?
Mir läuft eine Träne über mein Gesicht. Diesmal ist es nicht der Wind, sondern ich selbst bin es. Was habe ich nur mit meinem Leben gemacht? Ich habe von klein an für meinen großen Traum hart gearbeitet, habe nur selten mit meinen Freunden gespielt, nie einmal richtig gelacht und Spaß gehabt. Und was ist aus meinem Traum geworden? Ich habe keine Zeit für mein Kind, meinen Mann. Ich habe keine Zeit, um mich mit Freunden zu treffen, zu entspannen. Ich habe nur Zeit, um zu arbeiten.
Langsam setze ich einen Fuß vor den anderen und senke meinen Kopf. Der Geruch von Essen ist verschwunden und die Dame auf dem Balkon ist auch weg. Vielleicht sie rein gegangen und hat mit ihrem Mann zu Mittag gegessen und über alte Zeiten geredet.
Vielleicht.
Vielleicht sitze ich ja auch mal da, esse mit meinem Mann und rede über früher. Und vielleicht kann ich ihm dann von unseren Ausflügen berichten, und der tollen Zeit, die wir zusammen hatten.
Vielleicht. 

2 Kommentare:

  1. Ich liebe den Teil mit den Vögeln und die letzten beiden Absätze. Außerdem finde ich, dass du diese Fröhlichkeit der Kinder richtig schön in Worte gefasst hast. ♥
    Ich hätte mehr geschrieben, so wie sonst auch, aber das Forum fickt ja zur Zeit ab, also kann ich dir keine Ausdrucksfehler aufzeigen, wobei auch nur ein oder zwei vorhanden sind. (:

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  2. Danke meine Liebe <3
    Vielleicht findest du ja noch einmal ein wenig Zeit , wenn das Forum wieder läuft..? :)

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