Sonntag, 25. August 2013

Roter Faden

Auf meinem Fußboden liegt Unterwäsche und ein Kissen. Neben meinem Bett eine umgefallene Weinflasche, neben der sich eine rote Lache auf dem weißen Teppich gebildet hat. Drei vertrocknete Rosen stehen in einer Glasflasche auf meinem Fensterbrett und daneben türmen sich CDs und einige Schallplatten auf, auch wenn ich keine Möglichkeit habe sie abzuspielen, da ich keinen Plattenspieler besitze. Die Tür meines Kleiderschrankes steht offen und an der Heizung steht mein Verstärker an welchem meine geliebte Gitarre lehnt. Noten und Liedtexte liegen unordentlich mitsamt einiger Plektren daneben.
Auf meinem Schreibtisch stehen Teller und leere Joghurtbecher. Die kaputte Tastatur balanciert auf einer Kaffeetasse. Rechnungen und Kataloge stapeln sich vor dem Computerbildschirm, auf welchem seit Wochen keine Bilder mehr aufgeleuchtet sind. An meiner Wand hängt eine Leinwand mit Heißluftballons. Sie erzählt von Freiheit und frei sein, aber sie hat ein Loch, ist irreparabel beschädigt für ihr gesamtes verbleibendes Dasein.
Auf meinem Nachttisch liegen leere Batterien, Bücher, Nasensprays und Schmerztabletten, Ohrringe, die ich schon seit Monaten nicht mehr getragen habe, Taschentücher, meine Sonnenbrille, Nagellacke, die ich noch nie verwendet habe und alte Kassetten von Zwerg Nase und Buratino.
In meinem Bett liegen drei Kuscheltiere, eine Fernbedienung und mein Handy, auf dem alte Nachrichten von uns stehen. Worte, die für mich mehr Bedeutung haben, als du dir denken kannst. Als diese ganzen Worte für dich jemals bedeuten könnten, denn du wägst jedes Einzelne ab und weißt ganz genau über all die Buchstaben Bescheid. Du hast es gesagt. Alles einfach nur dahin gesagt. Hatte alles keine Bedeutung für dich. Aber ich habe sie mir gemerkt. Habe alle abgespeichert und rufe sie immer wieder ab. Du weißt ja gar nicht, was du angerichtet hast.
Ein kalter Hauch lässt mich zusammenzucken und doch lasse ich meine Arme und Beine nackt.
Aus meinem Radio tönen Caspers liebliche Worte. Nur ganz leise, aber laut genug um jeden einzelnen Laut wahrzunehmen. In jedem Lied singt Casper von Freiheit. Und vom Starksein. Immer von einer anderen Art der Freiheit, aber es ist immer Freiheit.
Ich habe keine Ahnung wie oft das Album schon durchgelaufen ist und wie oft ich unsere Nachrichten der letzten Nacht schon gelesen habe. Wahrscheinlich zu oft.
Mein Atem wird schneller und flacher. Meine Hand verkrampft sich und umschließt die kleine, silberne Rasierklinge so sehr, dass sie in meiner Handfläche einen roten Faden hinterlässt. Ich spüre wie mein ganzer Körper zittert und mir wird mit einem süßen Schmerz bewusst, dass es nicht von der Kälte kommt.
Langsam führe ich meine Hand an meinen Arm und streiche zärtlich mit der Klinge über ihn. Und wieder bleibt ein kleiner roter Faden, welchen ich eine ganze Weile betrachte. Dann fällt mir die Klinge aus der Hand und ich beginne zu weinen. Ich rolle mich zusammen und umklammere meine Knie. Tränen lösen sich aus meinen Augen und mein lautes Schluchzen übertönt die Musik. Und plötzlich fühle ich Trauer und innere Schmerzen die gar nicht existieren.
Ich weine lange und irgendwann sind die Tränen verschwunden, ist mein Meer ausgetrocknet und die Dunkelheit hat sich über den späten Abend gelegt. Ich werde ruhiger. Ich spüre wie mein Atem sich beruhigt und ich lausche wieder Caspers Worten, die immer noch vom Starksein und der ewigen Freiheit sprechen.

Den Text habe ich schon vor einiger Zeit geschrieben und ihn jetzt wiedergefunden. Er ist nicht perfekt und auch nicht überarbeitet. Er ist eine Momentaufnahme in der ich absolut nicht stark war und gerne alles hingeschmissen hätte.

An alle die noch immer lesen, danke.

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