Für ihn.
Die Lichter tanzen auf deiner Hand, deinem Gesicht, auf deinem ganzen
Körper. Sie sind überall, nehmen jeden Zentimeter ein. Sie fliegen durch den
Raum und schweben an den Wänden. Ich möchte sie einfangen, behalten. Nicht nur
für diesen Moment, für immer und ein ganzes Leben.
Ich bin müde, aber ich kann meine Augen jetzt nicht schließen. Ich will
den Punkten beim Tanzen zusehen. Ich nehme deine Hand und flüstere »Siehst
du das?«
»Ja,
es ist wunderschön.« Ja, das ist es. Es ist ein Gefühl von Halt, obwohl sie
nicht eine Sekunde still stehen. Ganz langsam bewegen sie sich, die Lichter.
Wie ein Film in Zeitlupe, aber trotzdem fließend, beinahe elegant. Ein Tanz,
dessen System ich nicht verstehe. Aber ich verstehe vieles nicht. Nein. Aber
manchmal macht es mir nichts. Da rauscht die Welt an mir vorbei und ich kann
nichts dagegen machen. Aber damit kann ich leben.
Ich lege meinen Kopf an deinen Oberkörper und schließe die Augen. Nur
kurz, um zu sehen, ob die Lichter noch da sind, wenn ich sie wieder öffne.
Du atmest langsam und flach und ich falle in diesen Rhythmus ein. Es ist
still. Eine ohrenbetäubende Ruhe nimmt den Raum ein, wenn ich die Augen zu
mache. Aber da sind immer noch die Lichter.
Du drückst meine Hand fester und atmest für einen einzigen Zug tiefer ein
und der Rhythmus und die Ruhe sind zerstört.
Nach einer Weile schließe ich meine Augen und träume mich weg. Irgendwohin, wo ich
schwimme, vielleicht in den Weiten des Ozeans. Oder tanze oder klettere oder
singe. Oder einfach nur auf einer Wiese liege und die Wolken anschaue und
versuche Formen zu erkennen. Ich höre die Vögel zwitschern und das Wiegen der
Gräser im Wind. Ein Schmetterling fliegt durch die Luft und küsst mich auf die
Nase.
Ich öffne meine Augen. Für einen Moment habe ich tatsächlich daran gezweifelt,
dass die Lichter noch da sind. An deiner Hand, deinem Gesicht, unseren Körpern.
Aber natürlich sind sie noch da. Vielleicht verschwinden sie nicht einmal mehr,
wenn die Sonne am Himmel wieder heraufklettert. Irgendwann morgen, in wenigen
Stunden, ferner Zukunft.
Zu der warmen Sommerluft mischt sich kühler Regen. Augenblicklich will
ich tanzen. Will ich den Sommerregen auf meiner Haut spüren. Und dann will ich
dich küssen.
»Riechst
du es?«
fragst du mich. Deine Stimme ist so leise, dass ich sie kaum höre, so laut ist
der Regen. Wo ich eben noch meiner Stille hinterher getrauert habe, macht es
mir gar nichts mehr aus, dass du oder jemand anders sie stört. Beinahe bin ich
dankbar dafür.
»Der
Duft des Sommers? Der Freiheit und des Unbeschwert seins?« sage ich, genauso
leise wie du, damit ich den Regen nicht zerstöre. »Ja, das rieche ich.«
Den
Duft der Freiheit. Auch wenn ich in diesem Zimmer hier liege, ich fühle mich
frei. Frei in den Gedanken. Frei, weil du bei mir bist, weil du mit mir den
Regen riechst und ich deinen Atem höre und in meinem Nacken fühle. Frei, weil
die unendlich vielen kleinen Lichter sich überall bewegen, obwohl es doch diese
Grenze der Wände gibt.
»Ich
liebe dich.« flüsterst du, aber diesmal ist es klar und ganz verständlich. Es
ist der perfekte Moment. Hier inmitten der Freiheit aus Regen und Lichtern und
unserem Atem. Hier in dieser Freiheit der perfekte Moment für diesen
wunderschönen Satz. Drei ganz banale Worte in einer himmelsgleichen Verbindung.
Ich sage nichts. Ich will diesen Moment nicht zerstören. Diesen perfekten Moment
der Freiheit. Dann küsse ich dich und schmiege mich wieder ganz nah an deinen
Körper. Ich werfe einen letzten Blick auf die Wände, auf die tanzenden Lichter
und ich weiß, das hier dauert ewig.
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