Ich komme nur langsam voran. Der Wind säuselt durch mein Ohr und wirbelt meine Haare durchs Gesicht. Der Mond ist dünner als ein Blatt Papier, dementsprechend dunkel ist es.
Fast falle ich über eine Wurzel und laufe gegen ein Geländer, welches das Ende des Parks, und somit den Beginn des Waldes kenzeichnet. Der Weg wird schmaler, unbefestigter. Der Schein der Lampen, ist schon lange verklungen. Das Zeug, was ich dem stinkenden, in Pisse lebenden Jungen für mehr als Doppelte des Wertes abgekauft habe, beginnt zu wirken. Die letzten schwachen Umrisse verschwimmen vor meinen Augen und ich stolpere blind durch das Dickicht. Den Weg habe ich schon vor einer Ewigkeit verlassen, so kommt es mir vor.
Als ich mit voller Wucht gegen einen Baum laufe, sacke ich zusammen. Ich fasse mir an die Stirn. Blut rinnt mein Gesicht herunter und vermutlich tropft es auf mein neues weißes T-Shirt. Mein T-Shirt. Ich habe es gar nicht mehr an. Ich habe es einem Mädchen auf einer Parkbank gegeben, aber nur, weil mein Geld nicht reichte für eins dieser Tütchen.
Halbnackt umklammere ich den Baumstamm. Mit dieser Nummer könnte ich auf dieser Pornoseite im Internet unter der Kategorie „Outdoor“ bestimmt groß rauskommen.
Als ich stehe, bummert es wie ein Presslufthammer in meinem Kopf. Die Luft scheint auf diesen eineinhalb Metern Höhenunterschied so dünn geworden zu sein, dass man sie kaum einatmen kann.
Langsam rutsche ich den Stamm wieder herunter und krabbele auf allen Vieren durch das Gebüsch. Ich weiß nicht, wohin ich krieche und wie lange ich das noch durchhalte, denn der Druck in meinem Kopf wird immer größer und ein Schwindel reißt mir den Boden weg. Ich taste an meine Stirn und fahre mit meinem Finger die Blutspur entlang. Vielleicht ist verbluten nicht so qualvoll wie erfrieren. Aber so zugedröhnt wie ich bin, spüre ich von der Kälte nichts, noch nicht.
Ich bin nicht weit gekommen, da falle ich zusammen, wie ein Kartenhaus durch einen Atemzug.
Früher hatte ich Angst vor dem Sterben. Jetzt freue ich mich darauf, die Welt und alle anderen, die mir das Leben zur Hölle gemacht haben, hinter mir lassen zu können. Vielleicht lässt Gott mich in den Himmel, dann spucke ich von oben auf sie runter. Wenn nicht, dann lasse ich ihnen die Erde unter den Füßen brennen.
Ich schließe meine Augen und warte darauf, dass mein Blut in der Erde versickert. Ich drehe mich ächzend auf den Rücken und lege meine Hand auf meine Brust, wo die roten Tropfen schon getrocknet ist. Ich schaue noch einmal kurz in die tiefschwarze Nacht, schließe meine Augen und ein letzter Gedanke schießt in meinen Kopf, `Halbnackt´.
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